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Fragmente eines Ungenannten Einl. 1. Teil Einl. 2. Teil Auferst. Gegens. V Zweck (Vorr.) I II,1 II,2

Fragmente eines Ungenannten (Hrsg. Lessing)

Von Duldung der Deisten: Fragment eines Ungenannten (Lessings Einleitung)

Ein Mehreres aus den Papieren des Ungenannten, die Offenbarung betreffend (Lessings Einleitung)
Erstes Fragment. Von der Verschreiung der Vernunft auf den Kanzeln
Zweites Fragment. Unmöglichkeit einer Offenbarung, die alle Menschen auf eine gegründete Art glauben können
Drittes Fragment. Durchgang der Israeliten durchs Rote Meer
Viertes Fragment. Daß die Bücher des A.T. nicht geschrieben wurden. eine Religion zu offenbaren
Fünftes Fragment. Über die Auferstehungsgeschichte
Gegensätze des Herausgebers
I, II, III, IV,
Die Erziehung des Menschengeschlechts § § 1-53
V

Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger. Noch ein Fragment des Wolfenbüttelschen Ungenannten
Vorrede des Herausgebers I Von dem Zwecke der Lehre Jesu II (1. Teil) II (2. Teil) -neu


Lessing veröffentlichte die drei Teile der Fragmente nach dem Tode von Reimarus in den Jahren 1774, 1777 und 1778. Die Endfassung der Schrift "Apologie oder Schutzschrift der vernünftigen Verehrer Gottes", aus der die Fragmente stammen, wurde erst 1972 veröffentlicht. Um die Familie des Verfassers zu schützen, gab Lessing den Namen nicht preis. Reimarus übt in den Fragmenten scharfe Kritik an der Offenbarung bzw. der Bibel. Reimarus war aber kein Atheist, sondern offiziell ev. Theologe, aber eigentlich Deist. Er vertrat also eine "natürliche Religion", in der Gott seinen Platz hat. Ich habe das Fragment "Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger" ausgewählt, zu dessen zweiten Teil "Über die Auferstehungsgeschichte" gehört. In dem Fragment über die Auferstehungsgeschichte deutet Reimarus auf die Widersprüche der Auferstehungsgeschichte hin. In "Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger" geht er darüber hinaus und versucht zu zeigen, daß die ganze christliche Religion falsch ist. Die dazugehörigen Worte Lessings durften nicht fehlen. Allerdings versucht er nicht ausführlich, die Ansichten des Reimarus zu widerlegen.

Reimarus stand am Anfang des "Leben-Jesu-Forschung". Etwa 150 Jahre später schreibt Albert Schweitzer in der Schlußbetrachtung seines Werkes "Geschichte der Leben-Jesu-Forschung", das in der ersten Auflage "Von Reimarus zu Wrede" hieß:

Der Jesus von Nazareth, der als Messias auftrat, die Sittlichkeit des Gottesreiches verkündete, das Himmelreich auf Erden gründete und starb, um seinem Werke die Weihe zu geben, hat nie existiert. Es ist eine Gestalt, die vom Rationalismus entworfen, vom Liberalismus belebt und von der modernen Theologie in ein geschichtliches Gewand gekleidet wurde.

Albert Schweitzer, Gesammelte Werke in fünf Bänden, Band 3, S. 872, Verlag C.H. Beck München

Ich möchte jetzt hier nicht den Eindruck entstehen lassen, daß Albert Schweitzer kein Christ war. Allerdings nahm er bei seiner Forschung keine Rücksichten auf irgendeine Dogmatik. Andererseits erhielt er auch nicht völlig dieselben Ergebnisse wie Reimarus (sonst wäre er ja kein Christ geblieben).

Zum Abschluß möchte ich noch einige Zitate über Reimarus von Albert Schweitzer wiedergeben, die jedoch nicht näher auf den Inhalt eingehen.

Denn auch mit Haß kann man Leben-Jesu schreiben - und die großartigsten sind mit Haß geschrieben: das des Reimarus, des Wolfenbüttler Fragmentisten, und das von David Friedrich Strauß. Es war nicht so sehr ein Haß gegen die Person als gegen den übernatürlichen Nimbus, mit dem sie sich umgeben ließ und mit dem sie umgeben wurde. Sie wollten ihn darstellen als einfachen Menschen, ihm die Prachtgewänder, mit denen er angetan war, herunterreißen und ihm die Lumpen wieder umwerfen, in denen er in Galiläa gewandelt hatte.
Weil sie haßten, sahen sie am klarsten in der Geschichte. Sie haben die Forschung mehr vorwärtsgebracht als alle andern zusammen.
Ebenda, S. 48
Die Darstellungen von Reimarus und Bruno Bauer fallen in sich selbst zusammen; es sind Phantastereien. Aber doch steckt in ihrer scharfen Erfassung eines bestimmten Problems, das sie für alles andere blind gemacht hat, ein viel größeres geschichtliches Können als in den umständlichen Werken von Beyschlag und Bernhard Weiß.
Ebenda, S. 55
Von der Großartigkeit der Darstellung in dem Fragment "Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger" kann man nicht genug sagen. Diese Schrift ist nicht nur eines der größten Ereignisse in der Geschichte des kritischen Geistes, sondern zugleich ein Meisterwerk der Weltliteratur. Die Sprache ist für gewöhnlich knapp und trocken, epigrammatisch scharf, wie die eines Mannes, der nicht schreibt, sondern auf Tatsachen ausgeht. Zuzeiten aber erhebt sie sich zu wahrhaft pathetischer Höhe. Es ist, als ob das Feuer eines Vulkans gespenstische Bilder auf dunkeln Wolken malte. Selten war ein Haß so beredt, selten ein Hohn so großartig; selten aber auch ein Werk in dem berechtigten Bewußtsein einer so absoluten Superiorität über die zeitgenössischen Anschauungen geschrieben. Und in allem dennoch Ernst und Würde. Des Reimarus Werk ist kein Pamphlet.
Ebenda, S. 62f.
Wir verstehen, daß sein Werk seiner Zeit ein Ärgernis sein mußte, da es eine Kampfschrift, nicht eine objektive historische Studie ist. Aber wir haben kein Recht, es einfach als deistische Schöpfung abzufertigen, wie zum Beispiel Otto Schmiedel es mit einem Wort abtut, sondern es ist an der Zeit, daß dem Reimarus sein Recht werde und daß man die grandiose historische Leistung in der deistischen Streitschrift anerkenne. Sein Werk ist vielleicht die großartigste Leistung in der Leben-Jesu-Forschung überhaupt, denn er hat zuerst die Vorstellungswelt Jesu historisch, das heißt als eschatologische Weltanschauung erfaßt. Er hat ein Recht, den Haß in seiner Schrift lodern zu lassen. Die historische Wahrheit war so übermächtig über ihn gekommen, daß er seine Zeit nicht mehr verstehen konnte und es ihrem Glauben nicht mehr zugestehen durfte, er sei so ohne weiteres, wie sein Vorgeben war, aus der Predigt Jesu hervorgegangen.
Ebenda, S. 73f.
Reimarus hat die fortschlittlerische Theologie diskreditiert. Studenten - Semler erzählt es in seiner Vorrede - wurden irre und suchten sich einen anderen Beruf.
Ebenda, S. 77
Wie er keine Vorläufer hatte, so hatte er auch keine Schüler. Sein Werk gehört zu jenen einzig großen Werken, die spurlos vorübergehen, weil sie zu früh gekommen, deren die späteren Generationen nur in bewundernder, nicht in dankbarer Gerechtigkeit gedenken.
Ebenda, S. 78
So bricht die großartige Ouvertüre, in welcher alle Motive der kommenden Leben-Jesu-Forschung anklingen, mit einer jähen Dissonanz ab, bleibt für sich, unvollendet, und leitet zu nichts über.
Ebenda, S. 79
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Fragmente eines Ungenannten Einl. 1. Teil Einl. 2. Teil Auferst. Gegens. V Zweck (Vorr.) I II,1 II,2