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Kritik an Feuerbach, Marx und Freud
Im folgenden werden einige Zitate aus dem Buch "Sachwissen Religion"
von Hans Freudenberg und Klaus Großmann vorgestellt, auf die mich Nicole,
eine Besucherin meiner Seite, aufmerksam gemacht hat. Hier kommen also
die Verfechter der Religion zu Wort, die die Religionskritiker kritisieren.
Vielleicht paßt es nicht so ganz auf meine Religionskritikseite, aber es
schadet ja auch nichts, mal die andere Seite zur Kenntnis zu nehmen, um besser
beurteilen zu können, ob einen die Argumente gegen die Kritik überzeugen können.
Zu FEUERBACH:
1.) Sein Wirklichkeitsbegriff läßt nur materielles Sein als real gelten und
verdächtigt alles geistige Sein als bloßes Gedachtsein; dieses
Realitätsverständnis ist in seiner Einseitigkeit unhaltbar und setzt sich
unbegründet selbst absolut.
2.) Sein Religionsbegriff ist einseitig und wird der Differenziertheit und
Komplexität des Phänomens Religion nicht gerecht. Theismus und (ein
einseitig gezeichnetes) Christentum liefern die Modelle zu einem
Einheitsbegriff der Religion. Feuerbach hat sein Religionsbild aus einem
Christentum abgeleitet, das Frömmigkeit verjenseitigt und individualisiert;
die Welt wird nur mehr als Jammertal und Ort der Sünde wahrgenommen. Über
solcher Engführung werden all die biblischen Traditionen vernachlässigt, die
von Exodus und Befreiung sprechen, von prophetischem Protest und
messianischen Hoffnungen für die Hoffnungslosen, von Gottes Reich für diese
Welt schon jetzt, von Solidarität mit den ewig Zukurz- und Zuspätgekommenen,
von der Seligpreisung der Armen, Hungernden, Weinenden.- Ein
individualisiertes, verjenseitigtes Christentum ist von der Entdeckung des
"Gottes der kleinen Leute" soweit entfernt wie seine Kritiker.
3.) Sein Menschenbild blendet die Erfahrung aus, daß Begrenzung und
Scheitern elementare Lebenserfahrungen sind, die allein innergeschichtlich
nicht aufzulösen sind.
4.) Zur Projektionsthese: Die These, daß die Götter hinausprojizierte
Wünsche des Menschen sind, ist doppelt fragwürdig: der Vorwurf der
Projektion trifft nur (zurecht) die menschlichen Illusionen; daß jenseits
meiner Wünsche und Illusionen nichts sei, kann Feuerbach nicht widerlegen.
"Wenn die Götter Wunschwesen sind, so folgt daraus für ihre Existenz oder
Nichtexistenz gar nichts" (E.von Hartmann).- Zum andern: die These läßt die
vielen Belege unbeachtet, die von Gott in seiner radikalen Andersartigkeit
und Fremdheit sprechen. Dennoch: Empirisch läßt sich der Vorwurf der
Illusion nicht mit dem Hinweis auf die Offenbarung Gottes in Christus
entkräften. Der Charakter des Wagnisses und des Mißverständnisses gehört zum
bleibendem Signum des Glaubens.
Zu MARX:
1.) Marx teilt mit Feuerbach die Schwäche eines pauschalen, wenig
differenzierten Realitäts- und Religionsbegriffes. Eine empirische Analyse
des Phänomens Religion ersetzt er durch Kritik des faktischen Christentums
seiner Zeit.
2.) Er überschätzt und verabsolutiert die Bedeutung der
materiell-ökonomischen Grundlagen für die Wesensbestimmung des Menschen. In
Marx' Sinne veränderte sozioökonomische Bedingungen haben Religionen z.B. in
der UdSSR oder in der DDR oder in China nicht auf quasi natürliche Weise
sterben lassen.
3.) Marx' Interpretation der "Selbstentfremdung" übersieht, daß sich nicht
alle menschlichen Probleme auf gesellschaftliche Defizite zurückführen
lassen (z.B. Krankheit, Scheitern und Tod).
4.) Wo der Marxismus sich als Religions- und Sinngebungssatz versteht und
Selbsterlösung des Menschen als Aufgabe formuliert, stellt christlicher
Glaube die Erlösung als Geschenk dagegen. Gegenüber allen Tendenzen zur
Verabsolutierung von Gesellschaftsutopien verweist Glaube auf die absolute
Utopie des verborgen schon gegenwärtigen Reiches Gottes.
Zu FREUD:
1.) Es ist unzulässig, aus Fehlformen religiöser Praxis auf einen
wesensmäßigen Zusammenhang von Religion und Neurose zu schließen. Freud hat
sein Anschauungsmaterial aus den religiösen Vorstellungen und
Verhaltensweisen seiner Patienten bezogen. Diese Beobachtungen sind so wenig
generalisierbar wie seine Untersuchungen zum Totemismus.
2.) Schon sein Freund Pfister hat Freud entgegengehalten, daß es unzulässig
ist, Religion allein im Menschen selbst und seinen Wünschen zu begründen.
Der Mensch ist nicht nur Triebwesen, sondern auch Person.
3.) Freuds Überlegungen zum jüdisch-christlichen Gottesbild haben wenig
gemein mit dem Gott der Bibel. Dieser ist kein autoritärer Vatergott, der
entmündigt, sondern ein Gott der Liebe, der mündige und selbstbestimmende
Menschen zu Erben eingesetzt hat.
4.) Das Evangelium versteht sich von seinem Ansatz her als Botschaft und
Zusage der Befreiung- auch vom zwangsneurotischen Nomismus des Gesetzes.
Diesem stellt Jesus souverän sein "Ich aber sage euch..." entgegen.
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